Dezentralisierung statt Gleichmacherei fordert Huber Aiwanger
60-Jahrfeier der Dorfgemeinschaft Alling mit Hubert Aiwanger
Von Manfred Amann, Alling
Als am 1. März 1956, also vor 60 Jahren, die Dorfgemeinschaft Alling (DGA), die sich 1990 den Freien Wählern (FW) anschloss, aus der Taufe gehoben wurde, hatte der spätere Bürgermeister des neuen Alling, Matthias Friedl, vor allem ein Ziel vor Augen: Die Existenz der damals noch bäuerlich geprägten Gemeinde zu sichern. Er und seine Mitstreiter kämpften damals vor allem für ein Ziel: Die rasant wachsende und kommunalpolitisch immer dominanter werdende Siedlung im unteren Allinger Moos, die 1907 durch ein königliches Dekret „Eichenau“ getauft worden war, loszuwerden. Die offizielle Trennung, die am 1. April 1957 von der Staatsregierung angeordnet worden war, wurde somit zur Geburtsstunde von Eichenau und des heutigen Alling.
Der „streitbaren DGA“ sei die Selbstständigkeit von Alling und Eichenau zu verdanken, würdigte Florian Streibl am Freitagabend auf der Jubiläumsfeier im Bürgerhaus diese Leistung. Streitbar für das Gemeinwohl einzutreten, zeichne die FW aus, sagte der FW-Bezirkschef Oberbayern. Mit Blick auf die Flüchtlingskrise forderte Streibl, die Menschenwürde als Maxime zu nehmen und Respekt und Toleranz gegenüber den Fremden zu zeigen. Ferner sollte man sich in Deutschland wieder mehr auf Einigkeit und Recht und Freiheit besinnen, befand der Landtagsabgeordnete.
Weit mehr als hundert Bürger, darunter Vereinsvertreter, Freunde aus Eichenau, Gemeinderäte aller Fraktionen und Kommunalpolitiker aus dem ganzen Landkreis waren zu dem Festabend gekommen, der von der Blaskapelle Alling musikalisch umrahmt wurde. Er sei begeistert von der regen Anteilnahme der Bevölkerung an dem Jubiläum, freute sich der FW-Ortsvorsitzende Werner Neumann, und noch mehr darüber, dass der Abend von vielen als „tolles Fest“ gelobt wurde.
Gut kam auch die Festrede von Hans Friedl an, dem FW-Kreisvorsitzenden und Fraktionssprecher im Allinger Gemeinderat. Der Redner forderte „Dorfgemeinschaft“ im Wortsinne ein. In Anlehnung an die Aussage des preußischen Gelehrten und Staatsmannes im 18. Jahrhundert, Wilhelm von Humboldt „Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“, schilderte Friedl die Verhältnisse von 1956 und davor und erinnerte daran, wie es zum langwierigen Kampf um die Trennung von Alling und Eichenau gekommen war. Vor dem Ersten Weltkrieg sei Alling ein Dorf mit Bauern, Kleinhäuslern und auf die Landwirtschaft ausgerichteten Handwerkern gewesen und „jeder kannte jeden in- und auswendig“.
„So richtig Dorfgemeinschaft“ ist das laut Friedl damals gewesen. „War man sich früher bewusst, dass jeder jeden braucht und dass man auch den Schwächeren mitkommen lassen musste“, sei das Gemeinschaftsgefühl nach dem Krieg nach und nach abhandengekommen, ganz besonders von dem Zeitpunkt an, als der Siedlerstrom immer mehr Arbeitssuchende gebracht habe. Dass die Gründer damals den Namen „Dorfgemeinschaft“ wählten, habe auch damit zu tun gehabt, dass nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Trennungsaktivitäten wieder intensiviert worden waren, keine dörfliche Gemeinschaft mehr vorhanden war, deutete Friedl und stellte fest: „Alling ist mit der DGA nicht schlecht gefahren, 1956 nicht und auch nicht nach 1957 bis heute“. Eine enge und gedeihliche Verbindung der Familie Friedl mit der DGA stellte Landratsstellvertreter Hans Wieser fest.
Die Bundes- und Landespolitik aus FW-Sicht nahm der FW-Bundes- und Landesvorsitzende Hubert Aiwanger als Festredner ins Visier. Zuvor stellte er das 6o-jährige Wirken der DGA als einen Zeitraum „beispielhafter Politik für den Bürger“ heraus. Der damalige Erfolg der DGA zeige, dass sich politisches Engagement lohne und kleine Organisationseinheiten oft mehr erreichen könnten als große. Damit war Aiwanger bei seinem Hauptthema: Weniger Konzentration und Gleichmacherei in Politik und Wirtschaft, sondern überall zu dezentralisieren, wo das möglich und sinnvoll sei.
Egal ob kleine Schulen oder Bankfilialen schließen, um Kosten zu sparen, wenn Hausärzte nicht mehr aufs Land ziehen, Hebammen aufhören oder kleinere landwirtschaftliche Betriebe aufgeben, „die Zeche zahlen immer die Bürger“, kritisierte Aiwanger. Er verurteilte in diesem Zusammenhang auch die Verhandlungen über das Handelsabkommen TTIP zwischen Europa und den USA „an den Bürgern vorbei“. Umfassende Informationen und Aufklärung seien notwendig. Aiwanger wies zudem auf die Forderung nach einer „Volksbefragung in Bayern“ hin. 62 Prozent der mittelständischen Betriebe seien gegen TTIP, da zu befürchten sei, dass vor allem Großkonzerne davon profitieren. Überdies bestehe die Gefahr, dass in Europa gewachsene Werte wie Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz ihre Bedeutung verlieren.