Bürger müssen zahlen

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Ein Artikel aus der digitalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 20.09.2017

http://sz.de/1.3673507

Landkreis Fürstenfeldbruck, 20.09.2017

Alling

Bürger müssen zahlen
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Von Manfred Amann

Zum Teil ist das Allinger Wasserleitungsnetz schon mehr als ein halbes Jahrhundert alt. Vom kommenden Jahr an wird es deshalb in fünf Abschnitten erneuert. Die Maßnahme soll bis 2025 fertig sein und etwa 8,3 Millionen Euro kosten. Die Grundstücks- und Hausbesitzer müssen davon immerhin 6,2 Millionen Euro über Direktbeiträge beisteuern, denn nur etwas mehr als zwei Millionen können aus haushaltsrechtlichen Gründen über Gebühreneinnahmen refinanziert werden.

In der von etwa 50 Bürgern verfolgten Sondersitzung zur Wasserversorgung im Bürgerhaus überschlug Kämmerer Rainer Kempka, dass dies für ein Reihenhaus zum Beispiel in der Gilchinger Straße einen Beitrag von etwa 2300 Euro oder für ein Einfamilienhaus zwischen 4900 und 5500 Euro bedeuten werde. Dies hänge aber von der Geschoßfläche des jeweiligen Hauses ab, die zu 75 Prozent zur Berechnung herangezogen wird, sowie von der Grundstücksgröße, die mit 25 Prozent einfließt. Auch unbebaute Grundstücke und Gewerbebetriebe werden zur Finanzierung herangezogen. Je nach Größe, so Kempka, würden für diese bis zu 36 000 Euro aufgebracht werden müssen. Maßgebend seien aber auch hier die tatsächlichen Quadratmeter von Geschoßfläche und Grundstück.

Um Differenzen zu vermeiden, erhalten alle Eigentümer zur Abstimmung einen Anhörungsbogen. Die Direktzahlungen sollen nach Beschluss des Gemeinderates zu 80 Prozent als Vorausleistung an die Gemeinde fließen, das restliche Fünftel soll dann nach Abschluss der Baumaßnahmen und nach Vorlage der Schlussrechnung eingefordert werden. Um die finanzielle Belastung der Bürger etwas zu strecken, wie Bürgermeister Frederik Röder (CSU) erläuterte, wird die Vorausleistung in zwei gleiche Tranchen aufgeteilt, die voraussichtlich im Herbst 2018 und 2019 zu zahlen sind.

20 Prozent der Gesamtkosten können laut Gemeindechef „nach schwierigen Verhandlungen“ über Gebühren refinanziert werden, für diesen Anteil werde man wohl 1,5 Millionen Schulden machen. Die Fraktion der Dorfgemeinschaft der Freien Wähler lehnte das Konzept und das Finanzierungsmodell ab. Hans Friedl plädierte dafür, das Maßnahmenpaket aufzudröseln und vorerst nur die maroden Leitungen aus den Sechzigerjahren zu sanieren und später die aus den Achtzigerjahren, da diese noch nicht so bruchanfällig seien. Die Ratsmehrheit votierte jedoch für das vorgelegte Gesamtmaßnahmenpaket.

Simone Stenzer fragte, warum die Verbundleitung zwischen Alling und Biburg einbezogen werde, obwohl dort nur einmal ein Frostbruch festgestellt worden sei. Fachleute vom Amperverband (AV), dem der Gemeinderat unlängst die technische und kaufmännische Betriebsführung übertragen hatte, sowie Mathias Kral von der Gemeindeverwaltung erklärten daraufhin, dass es sich bei der Verbindung um ein „Herzstück“ der gesamten Wasserversorgung handle und diese deswegen auch einbezogen werden müsse.

Kritik übten die Freien Wähler auch am Finanzierungsvorschlag, da man zumindest einen Teil der Gesamtkosten über Kredite finanzieren könnte, so dass die Kosten über höhere Gebühren und nicht durch Direktbeiträge nach und nach hereinkommen würden. Röder und der Jurist des AV machten jedoch deutlich, dass eine Kreditaufnahme, auch für eine Teilsumme, von der Kommunalaufsicht abgelehnt werde, weil dadurch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde über Jahrzehnte erheblich beeinträchtigt würde. Möglicherweise müssten dann bei finanziellen Engpässen freiwillige Leistungen gestrichen oder zum Beispiel die Anschaffung eines Feuerwehrlöschfahrzeugs hinausgeschoben werden. „Im Prinzip könnte die Gemeinde tatsächlich zumindest einen Teil der Kosten über Kredite finanzieren, aber es ist haushaltsrechtlich nicht zulässig“, sagte der Anwalt.

Friedl hatte vor der Beratung überdies den Antrag gestellt, Beschlüsse erst dann zu fassen, wenn die Bürger im Rahmen der am 27. September geplanten Sonderveranstaltung zur Wasserversorgung umfassend informiert sind. Die Ratsmehrheit lehnte dies jedoch ab.